Der Kapitän des SSV Preußisch Ströhen überwintert mit seinem Team im A-Liga-Keller
Preußisch Ströhen/Nettelstedt
− Einmal Ströher, immer Ströher? Jan Kampe hat sein Glück beim Fußball-ALigisten gefunden, für den er schon seit mehr als neun Jahren aktiv ist. Den missratenen Saisonstart hat der SSV-Kapitän abgehakt und bereitet sich im Lockdown schon auf den Abstiegskampf
nach der langen Pause vor: „Wir wollen die Klasse unbedingt halten.“
Dass die Ströher auf dem drittletzten Platz überwintern, hat viele Gründe. „Wir waren zu Saisonbeginn nicht fit“, nennt Kampe einen. Die ersten fünf Spiele gingen verloren. In den folgenden fünf Partien ging es bergauf, so dass immerhin fünf Punkte zu Buche stehen. Gegen
den FC Lübbecke feierte man den bislang einzigen Saisonsieg.
Potenzial nicht ausgeschöpft
Für den Käpt‘n steht fest: In der Hinrunde hat der SSV sein Potenzial nicht ausgeschöpft. „Der Weg zum rettenden Ufer ist vier Punkte lang, dafür haben wir die restlichen Spiele Zeit“, sagt Kampe, der die anfänglichen Probleme auch mit dem
schmerzhaften Abgang von Ricardo Tenti erklärt. Ohne die Tore des Goalgetters musste der A-Ligist seine Spielweise umstellen – ein längerer Prozess.
Für den SSV spricht: Einige Spieler des aktuellen A-Liga-Teams waren bereits in der Saison 2015/16 dabei, als der Klassenerhalt erst in einer Extrarunde gegen den SVE Börninghausen gesichert wurde. Ein Erfahrungsplus, das wichtig sein könnte.
„Auch damals stimmte der Teamspirit. Der 3:1-Sieg im Entscheidungsspiel in Blasheim war etwas ganz Besonderes“, erinnert sich der Defensivspezialist gerne zurück.
Ein weiteres Ereignis, dem Kampe gerne nachsinnt, ist noch etwas länger her: 2013 feierten die Ströher, damals noch B-Ligist, den Aufstieg in das Kreisoberhaus. „Das war das absolute Highlight in meiner Laufbahn“, bekommt Kampe glänzende
Augen, wenn er davon berichtet. „Der Aufstieg war am letzten Spieltag in trockenen Tüchern. Das Spiel fand in Vehlage statt, dem damaligen Meister, und wir sind als Zweiter mit hochgegangen, weil die Bezirksligisten die Klasse gehalten haben.
Ich gehörte damals mit 22 Jahren beinahe schon zu den ältesten Spielern des Teams“, blickt der heutige Kapitän zurück, der 2011 zusammen mit Toni Trucco vom TuS Dielingen zum SSV gewechselt war. Trucco übernahm das Amt des Spielertrainers,
Kampe spielte war im Mittelfeld gefragt.
In den folgenden Jahren wurde er zum Innenverteidiger umgeschult und etablierte sich mit dem SSV in der Kreisliga A. Die Resultate können sich sehen lassen: Drei Mal landete Ströhen unter den „Top Fünf“, 2016/17 schloss der A-Ligist
die Saison sogar als Vizemeister ab. Anschließend übernahm Spielertrainer Andre Krause das Amt von Interimstrainer Marcel Katt, der der dem Team als Nachfolger von Trucco 2016 zum Klassenerhalt verholfen hatte und unter Krause weiter
als Spieler am Ball ist.
„Andre kann einer Mannschaft ein Sieger-Gen einimpfen, wie es auch Marcell als Zwischenlösung gelungen ist. Er reißt als Kicker die Mannschaft mit, indem er nicht nur technisch überragt, sondern auch dahin geht, wo es weh tut. Zudem
ist er enorm ehrgeizig und spricht das ein oder andere laute Wort und das macht uns besser“, lobt Kampe seinen Coach.
Kampe, der bei Gauselmann als Vertriebsleiter für den Bereich „Sportwetten“ zuständig ist, nimmt für seinen Herzensklub mittlerweile auch eine längere Anreise in Kauf. „Meine Frau und ich haben vor einem Jahr ein Haus in Nettelstedt gebaut.
Für all die wunderbaren Jahre, die ich beim SSV verbracht habe, nehme ich die größere Distanz aber gerne hin. Das ganze Drumherum und Miteinander stimmen hier einfach“, schwärmt er vom Ströher Umfeld. „Es ist enorm, was hier am Platz in
Bewegung gesetzt wird. Dabei denke ich neben dem Vorstand an die ehrenamtlichen Helfer und Helferinnen, die uns Aktiven großartige Voraussetzungen schaffen“. sagt Kampe und hebt einen Namen hervor: „Sven Kolwey hat als Vorsitzender
des Sportfördervereins für einen tollen Zulauf an Mitgliedern gesorgt.“
Von Schuldzuweisungen für den Tabellenstand sieht der Abwehrchef, der sich eher als Motivator denn als Edeltechniker beschreibt, ab: „Wir haben zu Saisonbeginn im Kollektiv versagt. Jeder hat Böcke geschossen, da reihe ich mich nahtlos ein.“
Dazu kam der Verlust von Ricardo Tenti: „Mit ihm fehlt unsere eingebaute Torgarantie. Mit Ricardo galt die Regel: ‚Wenn wir hinten die Null halten, gewinnen wir‘, weil er fast immer getroffen hat. Er hat die wilde Sau gespielt, mit einer Dynamik,
wie sie kaum ein anderer in der Liga hat.“ Dennoch ist Kampe vom Nichtabstieg überzeugt: „Wir haben uns mittlerweile umgestellt und werden uns zusammenreißen, um die Klasse zu halten. Wir bereiten uns individuell vor, um beim Wiedereinstieg
in den Spielbetrieb fit zu sein.“
Frederik Kleimann
Zeitvertreib reicht von Fifa bis Harry Potter
Welche Konsequenzen hat der Lockdown, abgesehen von Fußball, für dich?
KAMPE: Beruflich gibt es einige Konsequenzen, weil viele unserer Filialen im Lockdown geschlossen haben. Ich arbeite deshalb mehr als zuvor. Ansonsten bin ich ein geselliger Typ und gehe gerne mal mit Freunden ein Bier trinken. Das entfällt momentan.
Hast du einen Fußball-Ersatz gefunden?
KAMPE: Meine Frau und ich haben zu Beginn des letzten Jahres ein Haus in Nettelstedt gebaut. Wir haben viel Zeit damit verbracht, es einzurichten. Wenn du Quarantäne mit einem Mitspieler verbringen müsstest, wer
wäre das?
KAMPE: Björn Rohlfing, weil er mein Schwager in spe ist. Wir haben im vergangenen Jahr viel Zeit miteinander verbracht
Kraft- oder Lauftraining?
KAMPE: Ganz klar Laufen. Mit Anderen fällt es mir allerdings leichter, den inneren Schweinehund zu überwinden. Aufgrund unserer Lage in der Liga stehe ich aber in der Verantwortung, wieder rechtzeitig fit zu sein.
Playstation oder Netflix?
KAMPE: Playstation und ausschließlich Fifa.
Podcast oder Buch?
KAMPE: Ich ziehe Bücher vor. Wenn ich mal die Zeit dazu finde, lese ich gerne Krimis und Romane. Die Harry-Potter-Bände bleiben unerreicht.
Wie hast du die Wiederaufnahme des Spielbetriebs vor dem zweiten Lockdown wahrgenommen?
KAMPE: Es waren alle froh, dass es wieder los geht. Gestört hat mich die Ungewissheit, wie lange der Spielbetrieb erhalten bleibt.
Hat der erste Lockdown das Interesse der Zuschauer beeinträchtigt?
KAMPE: Nein, im Gegenteil. Die Vorfreude war zu spüren. In Ströhen haben wir allerdings traditionell verhältnismäßig viele Zuschauer.
Welche Hoffnungen hast du für 2021?
KAMPE: Erst einmal hoffe ich, dass sich die Menschen, bis die Impfungen Wirkung zeigen, weiterhin zusammenreißen, damit wir recht bald in die Normalität zurückkehren können. Weiterhin wünsche ich meinen Freunden und Bekannten, dass sie gesund
bleiben. In meinem Bekanntenkreis gab es positive Fälle – und ich habe gesehen, dass die Krankheit alles andere als spaßig ist.